2. Erläuterungen zu einzelnen Programmen

Der badische Revolutionär Friedrich Hecker (1811 - 1881)über die Wirkung des politischen Liedes:

Nicht jeder vermag mit der nüchternen, klaren Abstraction des Verstandes die ewigen Rechte des Menschen und ihre Ausprägung in Form des freiheitlichen Staates so zu erfassen, daß sie ihm als absolute Wahrheit und damit als Grundbedingung menschenwürdiger Existenz erscheinen, für deren Verwirklichung er bis zum letzten Hauche seines Lebens ringt. Nicht jeder ist der "Begeisterung des Kopfes" fähig. Bei vielen überwiegt mehr das Sinnliche im edleren Sinne des Wortes: Gefühl, Gemüht, Phantasie sind die Führerinnen, durch deren Hilfe er eingeführt wird in das Heiligthum klarer Anschauung von Menschenrecht, Menschenhoheit, Menschenfreiheit.

Mit den weichen Tönen des Liedes, mit seinen wilden Accorden, mit seinem Schmerze und seinem Grimme wogen die Gedanken auf und nieder und graben sich ein in die Tiefe der Brust. Die größten Wahrheiten, die tiefsten Gedanken der Staatsweisheit werden durch das politische Lied, wie durch einen Scheideprozeß, zur schlackenlosen Klarheit, zum reinigenden Golde der Menschenbrust und das unzerstörbare Eigenthum des Individuums. Er lernt das Lied zum erstenmal, er singt es im brausenden Jubel und der Hinreißung oder Begeisterung des Moments, aber in stillen Stunden, in welchen der Mensch bloß in sich blickt (...), summt still im Herzen das politische Lied; die Gedanken, die es birgt, sind allein hellwach und laut, sie reizen sich, sie erwecken anderen; das mechanisch oder durch Sinnenreiz Angeeignete gewinnt Kern, Gestaltung, Bestand, das Lied wird zum Axiom, der Mensch wird Politiker.

So erfahren wir an uns selbst, daß mechanisch auswendiggelernte Sprüche, Stellen aus Klassikern, Lieder, Gedichte uns, obwohl wir sie hundertmal hergesagt und wiederholt haben, oft erst in reiferen Jahren in der Tiefe ihrer Bedeutung klar und Richtsteige werden für das Handeln der Gegenwart, und nur wer, wie Goethe, ein Fürstendiener war und die Geschöpfe der Erde in Herrscher und Beherrschte eintheilte, konnte den schamlosen Satz aufstellen: 'ein politisch Lied, ein garstig Lied'. Das politische Lied ist die Harmonie von Kopf und Herz in Bezug auf die höchsten Ideen der Menschheit. Freiheit, Recht, Vaterland, Menschenwürde, alles Große und Erhabene birgt zauberisch sein Schoos. Das politische Lied ist und muß sein die Quelle der Großthaten, die Quelle der Geschichte der Menschheit oder besser gesagt des Menschenthums.

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Hinweise zum Programm Nr. 1:

Lieder aus der Zeit der Erhebung der Deutschen gegen Napoleon

und der Entwicklung eines deutschen Nationalbewußtseins (1800 bis 1830)

Der Beitrag politischer Lieder zum Erwachen eines Nationalbewußtseins der Deutschen sowie zur Weckung ihres Verlangens nach Überwindung der deutschen Kleinstaaterei und nach nationalstaatlicher Einigung

Der Liederabend bringt unter dem Motto "Freiheit, die ich meine..." historisch-politische Lieder aus der Zeit der Erhebung der Deutschen gegen Napoleon (Befreiungskriege) zu Gehör und verdeutlicht anhand dieser Lieder, wie sich das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen ("nationaldeutscher Patriotismus") am Widerstand gegen den Fremdherrscher und Unterdrücker Napoleon entzündet hat. An seiner Entstehung zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die damals in großer Zahl entstehenden politischen Lieder nämlich maßgeblich beteiligt. In ihnen konnten die Deutschen ihre Empörung über den Fremdherrscher Napoleon, ihre Entschlossenheit zum Kampf gegen ihn sowie ihre Hoffnung auf eine bessere Zeit danach zum Ausdruck bringen. Auf keine andere Weise konnten die Menschen ihre Gefühle so wirkungsvoll zum Ausdruck bringen wie in diesen Liedern. Der badische Revolutionär Friedrich Hecker hat zur Bedeutung des politischen Liedes festgestellt: "Die größten Wahrheiten, die tiefsten Gedanken der Staatsweisheit werden durch das politische Lied, wie durch einen Scheideprozeß, zur schlackenlosen Klarheit, zum reinigenden Golde in der Menschenbrust und zum unzerstörbaren Eigenthum des Individuums".

Das politische Lied war nicht nur maßgeblich daran beteiligt, daß sich in vielen Deutschen in der Zeit der napoleonischen Herrschaft entschiedener Widerstandswille regte, der schließlich zur Völkerschlacht von Leipzig und später zum endgültigen Sieg über Napoleon in der Schlacht von Waterloo führte, sondern es trug auch entscheidend dazu bei, daß diese widerstandsbereiten, patriotisch denkenden Deutschen eine Vorstellung davon entwickelten, wie das künftige nachnapoleonische Deutschland aussehen solle: nämlich politisch geeint als Ausdruck eines nun erst erwachenden nationalen Zusammengehörigkeitsgefühls aller Deutschen, das wiederum maßgeblich durch politische Lieder herausgebildet wurde. Hier ist in erster Linie Ernst Moritz Arndt zu nennen, der mit seinem Lied "Was ist des Deutschen Vaterland?" daran erinnerte, wie unklar zu dieser Zeit der Begriff "Deutschland" noch war und wie wichtig es sei, sich zunächst einmal Klarheit darüber zu verschaffen, wie es denn zu begrenzen wäre. Heinrich Hoffmann von Fallersleben antwortet mit der ersten Strophe seines 1841 auf Helgoland verfaßten "Deutschlandliedes" auf die von Arndt gestellte Frage. Seine Antwort: "Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt".

Darüber hinaus war das Singen politischer Lieder ein Akt des geistigen Widerstandes. Indem beispielsweise zunächst die Tiroler, später viele Deutsche überall in Deutschland das Lied von der Erschießung Andreas Hofers, des Anführers im Tiroler Aufstand gegen Napoleon, sangen ("Zu Mantua in Banden der treue Hofer war"), protestierten sie damit zugleich gegen diesen brutalen Akt Napoleons und verstärkten damit den Widerstandswillen überall in Deutschland. Das wohl bekanntes Lied dieser Zeit, "Freiheit, die ich meine, die mein Herz erfüllt", hat Max von Schenkendorf 1813 verfaßt, um die Deutschen zum Widerstand gegen Napoleon zu ermutigen und sie auf die damit unvermeidlicherweise verbundenen Opfer vorzubereiten: "Für die Kirchenhallen, / Für der Väter Gruft, / Für die Liebsten fallen, / Wenn die Freiheit ruft".

Am meisten zur Stärkung des Widerstandswillens mittels politischer Lieder haben zweifellos Ernst Moritz Arndt und Theodor Körner beigetragen. Der wortgewaltige Arndt will mit seinem Lied "Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte", den Deutschen die erforderliche Entschlossenheit einbleuen, den Kampf mit Napoleon aufzunehmen und "der Knechtschaft ein Ende" zu setzen. Und der Dichter Theodor Körner greift nicht nur immer wieder zur Feder, um eine Vielzahl von Liedern zu verfassen, sondern auch zum Schwert, um sich am Kampf gegen Napoleon zu beteiligen. In diesem Kampf hat er sein Leben verloren. "Schwert und Leier" lautet der Titel einer Veröffentlichung seiner bekanntesten Lieder (wie etwa "Lützows wilde verwegene Jagd" / "Männer und Buben" / "Schwertlied" / "Gebet während der Schlacht").

Eine Vielzahl von Liedern brachte der katastrophale Ausgang des Rußlandfeldzugs Napoleons im Jahre 1812 hervor, den dieser im Juni mit über 600.000 Mann begann und von denen im Dezember etwa 5.000 wieder zurückkehrten. Alle anderen waren dem Wahn Napoleons zum Opfer gefallen. Viele Menschen sahen in dieser Katastrophe ein Gottesgericht: "Mit Mann und Roß und Wagen / So hat sie Gott geschlagen", hieß es in einem der bekanntesten Lieder dazu. "Ist denn das gewißlich wahr, / Wie man hat vernommen, / Das so eine große Schar / Ist nach Rußland kommen?", fragt ein anderes Lied. Und in einem dritten läßt die schadenfrohe Volksseele den Kaiser Napoleon ein "Abendlied" singen, beginnend mit dem Geständnis: "Ich komm' mit Schimpf und Schande / Nach meinem Vaterlande. / Mein Nam' Napoleon, / Der ist mit Hohn geschändet". Diese Lieder machten deutlich, daß der napoleonische Nimbus der Unbesiegbarkeit zerstört war, und insofern ermutigten sie die Deutschen, nun ihrerseits die Kraftprobe mit dem schwer Angeschlagenen aufzunehmen.

Auch die Völkerschlacht von Leipzig wurde in einer Vielzahl von Liedern kommentiert, in denen die Grausamkeit des Gemetzels und die große Zahl der Opfer ebenso thematisiert wird wie die mit dem Sieg über Napoleon verbundene politische Hoffnung und das Verlangen der Menschen nach Frieden: "Ach Gott, schenk' uns den Frieden wieder, / Wo alle Menschen seufzen drum, / Den Eltern ihre Kinder wieder, / Wo Vater, Mutter weinen drum". Unter dem Gesichtspunkt der durch den Sieg gewonnenen politischen Hoffnung äußerte Ernst Moritz Arndt in einem Lied "Die Schlacht bei Leipzig" die Überzeugung: "Solange die Ströme zum Meere reisen, / Wird noch der späteste Enkel preisen / Die Leipziger Schlacht". In einem Lied auf die Schlacht von Waterloo heißt es über den "Schinderknecht" Napoleon: "Hättest du niemals an Rußland gedacht / Und hättest mit Deutschland Frieden gemacht, / Wärst du Kaiser geblieben". Natürlich sind solche Lieder nicht als gültige historische Analysen aufzufassen, sondern als spontane, stärker von der Emotionalität als von der Rationalität diktierte Reaktionen.

Auch die Westfalen leisteten ihren Beitrag zur Überwindung Napoleons durch das politische Lied. Erst vor kurzem wurden in Münster zwei Lieder in "Niederstift Münsterscher Mundart" neu entdeckt. Das erste nennt sich "Das unterdrückte Lied der Westfälinger im Jahre 1809" und beginnt mit der Frage: "Wat wullt du Frümdlink in Westphalen?" (Was willst du Fremdling in Westfalen?). Das zweite ist ein "Triumphgesang der befreiten Westfälinger nach der Schlacht von Leipzig 1813" und beginnt mit der triumphierenden Feststellung: "Weg is die Frümdlink ut Westphalen". Beide Lieder haben insbesondere dadurch provokatorischen Charakter, daß sie die Melodie der Marseillaise, der französischen Nationalhymne also, übernommen haben, jener Hymne, die damals ständig in Deutschland zu Ehren Napoleons gespielt wurde.

Zu besonders triumphalen Liedern inspirierte der Übergang deutscher Truppen unter Marschall Blüchers Führung über den Rhein bei Kaub am Neujahrstag des Jahres 1814 und schließlich ihr siegreicher Einmarsch in Paris Ende März 1814, von wo sie die von Napoleon vom Brandenburger Tor in Berlin geraubte Quadriga in einem Triumphzug wieder mit heimbrachten. Zu diesem Aspekt heißt es in einem von Triumphgefühl, aber auch von Dankbarkeit geprägten Lied mit dem Titel "Freuet euch, ihr deutschen Brüder": "Die Franzosen sind geschlagen / Bis aufs Haupt. / Ihrer viel Kanonen und Wagen / Ganz beraubt. / Sie sind schnell um Alles kommen, / Was sie draus im Reich genommen / Und geraubt".

Die Beschlüsse des Wiener Kongresses bewirkten, daß diese Euphorie bald verflog. Tiefe Enttäuschung breitete sich insbesondere unter denen aus, die sich als Freiwillige an den "Befreiungskriegen" beteiligt und sich dafür ein besseres, das heißt befreites und national geeintes Deutschland erhofft hatten. Statt dessen blieb die Kleinstaaterei erhalten, und die Fürsten behielten ihre Souveränität. "Man gab uns viele schöne Wort", so lautet der Titel eines Protestliedes gegen  die Ergebnisses des Wiener Kongresses. Es handelt sich um eine Parodie auf eine Kantate von Johann Sebastian Bach. Sie übernimmt die ersten beiden Zeilen aus dem Original von Bach, die da lauten: "Ach Gott vom Himmel sie darein, / Und laß dich des erbarmen." Während es dann im Original weiter heißt: "Wie wenig sind der Heil'gen dein, / Verlassen sind wir Armen", heißt es nun: "Wir müssen wieder zopfig sein, / Wir Hessen, ja wir Armen!"

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Hinweise zu den Programmen Nr. 2 und3:

Lieder zur deutschen Geschichte aus der Zeit des "Vormärz“ und der Revolution von 1848/49

 einschließlich ihres Scheiterns (1830 bis 1850).

Der Liederabend macht auf einen besonderen Aspekt der Revolution von 1848/49 aufmerksam: auf die Tatsache nämlich, daß Ausbruch, Verlauf und Scheitern der Revolution von zahlreichen Liedern begleitet und kommentiert wurden. So hat etwa Ferdinand Freiligrath den Deutschen ihre "Marseillaise" zu geben versucht, indem er auf die mitreißende Melodie der französischen Nationalhymne einen deutschen Text verfaßte, der mit den Worten beginnt "Frischauf zur Weise von Marseille...". Und auch auf die Farben Schwarz-Rot-Gold, die seit dem Wartburg-Fest von 1817, spätestens aber seit dem Hambacher Fest von 1832 als Symbol des Einigungswillens der Deutschen galten, hat Freiligraht am 17. März 1848 einen sehr mitreißenden Text verfaßt, der von der Sorge diktiert ist, die Deutschen könnten mit ihrer Revolution "halbe Sache" machen und die Fürsten auf ihren Thronen belassen. Für ihn steht fest: "Die Freiheit ist die Auktion von dreißig Fürstenhüten..." ("In Kümmernis und Dunkelheit, da mußten wir sie bergen, nun haben wir sie doch befreit aus ihren Särgen..."). Im Refrain wird der Dreifarb wie folgt erläutert: "Pulver ist schwarz, Blut ist rot, golden flackert die Flamme". Freiligrath äußert in der letzten Strophe dem Wunsch, daß bald ein "Musikant" seine Verse in Töne fassen möge, damit diese "hell durchs deutsche Land klingen". Dieser Bitte entsprach der Komponist Robert Schumann in erstaunlich kurzer Zeit: Am 4. April 1848 vertonte er die Verse Freiligraths auf eine sehr eingängige Weise.

Der Liederabend läßt aber nicht nur die große Revolutionsbegeisterung im März 1848 in sehr schwungvollen Liedern, die großenteils auf bekannte Volksliedmelodien getextet wurden, erfahrbar werden, sondern er zeichnet auch den weiteren Verlauf der Revolution bis zur ihrer Niederschlagung in Baden im Juli 1849 anhand von Liedern nach, die teils Spott und Ironie, teils Ablehnung und Entsetzen ausdrücken. So wird etwa die Erschießung des Paulskirchenabgeordneten Robert Blum unter Mißachtung seiner Immunität in Wien im November 1848 in einem erschütternden Lied ebenso geschildert wie die brutale Niederschlagung der Revolution in Baden im Juli 1849 durch preußische Truppen mit massenhaften Erschießungen ohne Gerichtsverfahren. Das von Ludwig Pfau verfaßte "Badische Wiegenlied" bringt den Haß, den die Preußen dadurch bei den Badenern hinterließen, erschütternd zum Ausdruck, denn es ist eine verwitwete Mutter, die ihrem Kind an der Wiege in einem Lied schildert, wie der Vater von den Preußen erschossen und "unterm Stein" begraben wurde. Daß das blutige Ende der Revolution auf diese Weise selbst in die Welt eines Kindes eindringt, geht auch heute noch unter die Haut. ("Schlaf, mein Kind, schlaf leis', da draußen geht der Preuß'...").

Aber nicht nur Ausbruch, Verlauf und Scheitern der Revolution werden in einer Abfolge von Liedern geschildert, sondern im ersten Teil des Liederabends wird deutlich gemacht, wie sich in der Zeit des sogenannten "Vormärz" ("Ära Metternich") eine sich ständig steigernde revolutionäre Stimmung als Folge zunehmender Unzufriedenheit aufbaute, die sich dann im Frühjahr 1848 entlud. Die vorrevolutionäre Stimmung des "Vormärz" hatte nicht zuletzt durch die Juli-Revolution von 1830 in Frankreich mächtigen Auftrieb erfahren. Sie wurde in Deutschland nicht nur mit großer Begeisterung registriert, die in einem Lied deutlich wird ("Ist es denn gewißlich wahr, was man hat vernommen...?"), sondern sie löste eine Reihe von Folgen aus, die Metternich und seine restaurativen Gesinnungsgenossen erheblich beunruhigten.

So wurde im Oktober 1830 in Braunschweig Herzog Karl nicht nur davongejagt  - "Der Herzog Karl von Braunschweig, der ist auch fortgejagt...", heißt es in einem Lied dazu -, sondern das Schloß wurde in Brand gesetzt. Von ganz besonderer Bedeutung war im Gefolge der Juli-Revolution das Hambacher Fest des Jahres 1832 in der Pfalz. Es war mit etwa 30.000 Teilnehmern das bis dahin größte Volksfest und die bedeutendste politische Kundgebung der Deutschen. Fortan war klar: Viele Deutsche finden sich mit der restaurativen Politik Metternichs nicht mehr ab; sie wollen eine Überwindung der als aberwitzig empfundenen deutschen Kleinstaaterei; sie wollen die Einigung Deutschlands. Zwei eindrucksvolle auf dem Hambacher Fest gesungene und eigens zu diesem Fest verfaßte Lieder zeugen davon.

Parallel zu den Liedern werden Gemälde und Karikaturen aus der Zeit sowie Aufnahmen von Denkmälern und historischen Schauplätzen in Form von Dias gezeigt. Dadurch entsteht für die Zuhörer ein "Hör-Bild", das sie in eine authentische historische Atmosphäre eintaucht.

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Hinweise zum Programm Nr. 6:

"Freiheit, die ich meine..." - Lieder aus der Zeit der antinapoleonischen Freiheitskriege

 

Unter dem Motto "Freiheit, die ich meine", werden Lieder "aus des deutschen Michels Vaterland" präsentiert, die sich einerseits auf die antinapoleonischen Freiheitskriege beziehen und andererseits auf die Ergebnisses des Wiener Kongresses, auf das "Zeitalter Metternichs". Im ersten Teil wird verdeutlicht, dass sich in der Zeit der Freiheitskriege so etwas wie ein deutsches Nationalbewusstsein ("gesamtdeutscher Patriotismus") entwickelte: Die Bewohner in den vielen deutschen Kleinstaaten entdeckten ihre Gemeinsamkeiten in Sprache, Kultur und Geschichte und leiteten daraus nicht nur den Wunsch nach Befreiung Deutschlands vom Fremdherrscher Napoleon ab, sondern auch die Forderung nach Überwindung der deutschen Kleinstaaterei durch eine Einigung Deutschlands. Im zweiten Teil wird die Enttäuschung der Freiwilligen von 1813 über die Ergebnisse des Wiener Kongresses, der übrigens am 18. September 1814 eröffnet wurde, thematisiert. Dies alles – die Empörung über den Fremdherrscher  Napoleon, der Wunsch, ihn aus Deutschland zu vertreiben und danach ein modernes, politisch geeintes Deutschland auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes zu errichten, aber auch die Enttäuschung der Freiwilligen von 1813 über die Ergebnisse des Wiener Kongresses – wird in den vorgetragenen Liedern auf eine Weise thematisiert, die sehr eingängig ist, weil sie vor allem die emotionale Seite der Geschichte erkennbar werden lässt: Wut, Empörung, Sarkasmus, Widerstandswille, Hoffnung und Enttäuschung.

Auch in Westfalen gab es Wut und Empörung über Napoleon und später, nach der Völkerschlacht von Leipzig, Freude und Erleichterung über die Vertreibung des französischen Fremdherrschers aus Deutschland. Davon zeugen zwei Lieder in "Niederstift Münsterscher Mundart", die beide vorgetragen werden. Gesungen werden sie auf die Melodie der "Marseillaise", der französischen Nationalhymne.

 

 

Hinweise zum Programm Nr. 7:

"Deutschland liegt im Sterben" - Hitler und die Folgen ... - Lieder zum Zweiten Weltkrieg

Der Liederabend umfaßt die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs. Der NS-Terror und der Versuch der Ausrottung der Juden werden in eindrucksvollen Liedern behandelt. Neben dem "Moorsoldatenlied" werden das "Sachsenhausen-Lied", das "Buchenwald-Lied" und das "Dachau-Lied" vorgetragen. Ein Parodien-Potpourri im Umfang von acht Volksliedern spießt sarkastisch die Nazi-Bonzen auf und schildert das Elend der in den winterlichen Weiten des verschneiten Russland kämpfenden Soldaten sowie die Zerstörung Deutschlands.

Der Liederabend bezieht seine innere Spannung und Dramatik insbesondere daraus, daß er anhand von Liedern - und parallel gezeigten Bildern - die geistig-politische Verführung erfahrbar werden läßt, die in die Katastrophe des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, der Konzentrationslager und der millionenfachen Ermordung von Juden und anderen Bevölkerungsgruppen einmündete.

"Geist-politische Verführung" wird während des Liederabends erläutert als "Entwicklung und Verfestigung von politischen Vorstellungen und Zielen, die katastrophale Auswirkungen haben. Aber die Menschen, in deren Köpfen sich solche Vorstellungen und Zielsetzungen festsetzen, erkennen die katastrophalen Konsequenzen nicht (rechtzeitig), weil sie von ihren problematischen Ideen fasziniert und dadurch verblendet sind..."

Die Verdeutlichung des - nach wie vor aktuellen und gefährlichen - Phänomens der geistig-politischen Verführung und ihrer Folgen - übrigens auch durch Lieder - will zugleich ein Beitrag sein zur Bekämpfung der Anhänger solcher oder ähnlicher Ideen heute. Somit hat der Liederabend auch die Wiedergänger des Ungeistes vergangener Tage unter uns im Visier.

Mit dem Vortrag der Lieder werden keine "politischen Bekenntnisse" abgelegt, sondern sie werden als historische Quellen ausgebreitet, indem der Sänger den Zeitgenossen der Lieder seine Stimme leiht, um ihre Hoffnungen und Enttäuschungen, ihre Empörung und ihren Sarkasmus, aber auch ihre politische Verirrung zu verdeutlichen. Auf diese Feststellung legen die Aufführenden im Hinblick auf einige Lieder, die vorgetragen werden, großen Wert.

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3. Resonanzen zu Aufführungen